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Die Illustratorin Martina Hoffmann im Interview + Gewinnspiel

Es ist schon eine kleine Weile her, da traf ich die in Berlin lebende Illustratorin Martina Hoffmann in einen kleinem Waffelladen zum Gespräch. Der Ort war nicht zufällig ausgewählt, denn nur zu gern wollte ich dort die angeblich so leckeren Waffeln probieren. Doch die Zeit mit Martina verging wie im Flug und erst nach etwa zwei Stunden merkte ich, dass ich keine dieser grandios gut duftenden Waffeln bestellt hatte.  Das soll was heissen. Jeder, der mich persönlich kennt, weiss, was ich alles für Schokolade und Süßes auf mich nehme. Aber an diesem Tag fiel der sinkende Zuckerspiegel nicht weiter ins Gewicht, denn ich habe eine wirklich nette und talentierte Person kennengelernt und mit ihr ein wunderbares Gespräch und Interview geführt.

Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen und verspreche:  das scrollen lohnt sich, nicht zuletzt wegen dem Gewinnspiel!

 

Du hast eine Ausbildung zur Mediengestalterin gemacht und danach noch Kommunikationsdesign studiert, aber wie kam es eigentlich zu dieser Entscheidung; wie hat das mit dem Design bei Dir angefangen?

Mein Herz schlug früher eigentlich sowohl für Naturwissenschaften als auch für die Kunst.

In der Schule mochte ich Physik und Biologie und Mathe, und hab deshalb nach dem Abi ein Biologiestudium angefangen, dann aber ziemlich schnell gemerkt, dass ich wohl doch nicht für die Naturwissenschaften geeignet bin. Ich konnte mir nicht vorstellen, mein Leben einer Enzym-Gruppe zu widmen. Also habe ich das Studium abgebrochen und bin von Potsdam nach Leipzig gezogen und habe ein Praktikum bei einem Kinder-Musik-Theater gemacht. Da habe ich Liederbücher illustriert, CD und MC-Cover gestaltet und Webseiten gebaut – und in der Zeit entwickelte sich der Wunsch, irgendwann als Kinderbuchillustratorin zu arbeiten.

Das lustige ist, dass ich letztes Jahr zehnjähriges Abitreffen hatte und ein paar Schulfreundinnen, als es zu diesen „Wer bist Du und was machst Du jetzt?“-Gesprächen kam, meinten, dass es für sie völlig klar war, dass ich diesen Weg gehen würde. Für mich war das gar nicht klar. Sie hingegen haben sich gewundert, warum ich damals angefangen hatte, Biologie zu studieren.

Die Personen um Dich herum scheinen also schon immer irgendwie gewusst zu haben, dass Du einmal in diesem Bereich arbeiten würdest. Wann hast Du denn angefangen, zu zeichnen?

Die ersten Bilder, die ich gemalt habe, entstanden so im Alter zwischen 13 oder 14. Ich hatte damals ganz alte Ölfarben, und habe damit fürchterliche Schinken gemalt – auf viel zu dünnem Papier, das sofort durchgefettet ist. Meistens Stillleben, mit Blumen und Früchten.

Irgendwann wurde das Zeichnen und Malen zum Ventil für seelische Vorgänge. Meine Möglichkeit, mich visuell zu artikulieren und mich mit mir auseinanderzusetzen.

Als ich dann mit meinem Designstudium angefangen habe, war ich auf einmal umgeben von Leuten, die unheimlich viel und gut zeichneten. Die waren ein Motor für mich. In der Zeit habe ich angefangen, eigene Charaktere und einen eigenen Stil zu entwickeln.

Das ist also eigentlich noch gar nicht so lang her.  

In dieser kurzen Zeit bist Du aber schon richtig gut vorran gekommen.

Wenn man sich den allerersten Mädchenkalender anschaut…auf meiner Webseite kann man ihn sich ansehen… da sieht man auf jeden Fall noch viel mehr, dass ich da persönliche Sachen verarbeite. Davon löse ich mich zum Glück immer mehr. Ich mag es inzwischen nicht mehr so sehr, mein Herz auf der Hand vor mir her zu tragen, obwohl natürlich noch immer sehr viel von mir in den Bildern steckt. Da ich inzwischen aber mein Geld mit Illustrationen verdiene, sind die Arbeiten oft auch einfach anwendungsorientierter. Früher war das Zeichnen eher Selbstzweck, jetzt ist es mein Beruf, aber trotzdem Leidenschaft.

Welche Technik benutzt Du für Deine Illustrationen? Machst Du alles per Hand und scannst es ein oder entsteht viel im Computer?

Das ist ganz unterschiedlich. Der Kalender zum Beispiel entsteht in einer Mischtechnik. Ich zeichne die Figuren und Szenerien mit Bleistift , scanne die Bilder ein und coloriere sie digital. Dafür greife ich auch gern auf meine Datenbank von eingescannten Papieren zurück, die ich collagenartig einsetze – für Hintergründe, Blatt- oder Fellstrukturen.

Das neue Buch, an dem ich gerade arbeite, entsteht hingegen komplett analog. Mit Feder und Aquarell. Was eine große Herausforderung ist, weil ich schon merke, dass das Digitale dazu verleitet, beim Zeichnen nicht ganz so exakt zu sein, weil man es eben digital noch korrigieren kann. Wenn ich bei meinen Zeichnungen jetzt aber einen Fehler mache, wenn die Komposition nicht stimmt oder ich mich mit den Farben vertue, muss ich die ganze Seite eben noch mal machen.

Du hast ja schon erwähnt, dass Du Kinderbücher illustrierst – beziehungsweise eins hast Du schon illustriert. Das Buch hat den Namen „Lotta und der Zauber in der Nacht“. Kannst Du uns erklären, um was es in dem Buch geht?

Es gibt eine Vorgeschichte zu dem Buch. Denn die Geschichte entstand ursprünglich als Film für ein Uniprojekt. Wir sollten ein Marketingkonzept für Berlin Lichtenberg entwickeln, uns irgend ein Produkt ausdenken und das dann am besten mit einem Händler oder Firmenbesitzer vor Ort in Lichtenberg realisieren. Ich habe gedacht, „Oje, wie langweilig“ und dann das vorgegebene Thema ziemlich weitläufig interpretiert und einen Film über ein Mädchen in Lichtenberg gemacht. Die Geschichte handelt von Lotta, die mit ihren Eltern vom Dorf nach Lichtenberg ziehen muss, weil die dort Arbeit gefunden haben. Und so findet sie sich auf einmal in dieser unwirklichen neuen Welt wieder – voller Hochhäuser, Beton, Asphalt und Autos. Sie läuft durch die Gegend und alles ist grau, doch dann fällt ihr plötzlich ein, dass ihre Oma ihr zum Abschied ein Schatzkästchen geschenkt hat. Sie rennt nach Hause, macht das Kästchen auf und findet darin Zauberbohnen. Lotta verteilt diese Zauberbohnen in der ganzen Stadt und über Nacht – unterstützt durch das magische Mondlicht – wachsen überall die abenteuerlichsten Pflanzen. Als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist Berlin Lichtenberg ein Großstadtdschungel.

Als der Film fertig war, habe ich ihn auf Youtube gepostet. Da hat ihn dann Annette Kühn vom luxbooks Verlag gesehen. Sie hat mir im April 2008 eine E-Mail geschrieben und fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, den Film als Buch für ihren Verlag zu adaptieren. Also habe ich mich hingesetzt, und die Geschichte für das Buch noch mal neu gezeichnet. Annette Kühn hat den Text dazu verfaßt und so erschien das Buch im November 2008 mit dem Film auf DVD.

Dann hat sich Dein Traum vom ersten eigenen Kinderbuch ja quasi wie von selbst erfüllt.

Ja, das war echt aufregend… ich dachte nur „Wow, wie krass, jetzt habe ich mein erstes Kinderbuch veröffentlicht.“

Und das steht dann da im Laden.

In einigen, ja. Es ist ein kleiner Verlag, die Auflagen sind nicht so riesig und der Bekanntheitsgrad des Verlages ist noch nicht so wahnsinnig groß, dass man denken könnte, „da werde ich jetzt reich und berühmt“, aber es sind kleine Schritte. Der Verlag arbeitet hart und viel, um seine Autoren zu unterstützen und öffentliches Interesse zu wecken. Aus einem dieser ersten kleinem Schritte wurde letzten Februar zum Beispiel eine kleine Schaufensterausstellung bei „lesen und lesen lassen“ in der Wühlischstraße in Berlin Friedrichshain.

Das habe ich gesehen, da bin ich dran vorbei gelaufen. Ich habe es dann auf Deiner Seite wieder gesehen, und dachte, „das kennst Du doch.“

Echt? Schön. Frau Klemm, die Buchhändlerin, ist total engagiert und bietet Berliner Künstlern in ihrem Laden eine wunderbare Plattform.

Über solche Sachen entstehen dann wieder andere Sachen, Leute, die es gesehen haben, sprechen Dich an… ich bin relativ geduldig, auch wenn es vielleicht viele Jahre dauert. Man muss viel Glück haben in der Kinderbuchbranche. Entweder hat man die Kontakte – die ich nicht habe – oder man muss echt Glück haben und zur richtigen Zeit mit der richtigen Geschichte beim richtigen Verlag anklopfen, und selbst das muss nicht funktionieren. Das es bei mir anders herum war, sprich, dass nicht ich den Verlag angefragt habe sondern er mich, ist schon sehr ungewöhnlich, glaube ich. Von daher: kleine Brötchen backen und geduldig sein. Selbst wenn man nur ein paar Cent mit jedem verkauften Buch verdient.

Ich denke, es geht ja auch erstmal gar nicht darum, Geld zu verdienen und erfolgreichen zu sein.

Eben!

Allein sein eigenes Werk in den Händen zu halten und zu wissen, dass irgendwo ein Kind Dein Buch ganz toll findet, das reicht einem oft auch ja schon aus, oder?

Natürlich ist es schön, die Miete davon zahlen zu können (lacht), aber zum Glück habe ich ja meine anderen Projekte, mit denen ich die Miete verdiene. Ich glaube, meine Art zu Arbeiten und zu Leben ist ein großes Glück und ein großer Luxus. Ich habe Aufträge und Jobs, die meine Miete reinbringen, es ist aber noch genug Zeit für Projekte, die finanziell nicht viel einbringen, die aber toll sind, die Spaß machen und Herzensangelegenheiten sind. Und damit dem Ausgleich schaffen zum „Broterwerb“.

 Du hast erwähnt, dass es da ein neues Projekt gibt, ein weiteres Kinderbuch. Magst Du schon irgendwas verraten, oder ist es dazu noch zu früh?

Das neue Kinderbuch, an dem ich arbeite, ist eigentlich meine Diplomarbeit, die schon seit 3,5 Jahren überfällig ist.

Ich illustriere ein Gedicht aus dem „geheimen Kinderspielbuch“ von Joachim Ringelnatz, in dem es wirklich wild zu geht. Da werden Kinder angestiftet, allerlei Unfug zu treiben, Möbel zu zerlegen, mit Popeln gestopfte Papierklöße an die Decke zu werfen, mit glühenden Kohlen Bergwerk zu spielen. Großartig. Ich habe mir ein Gedicht aus diesem Band ausgesucht – es heißt „Eine Erfindung machen“ – und ist eine Anleitung für eine Erfindung, die dem werten Leser Schritt für Schritt erklärt wird. Es werden Fische zertreten (es muss kein Goldfisch sein, ein Rollmops tut’s auch), mit Seife und Pfennigstücken gespickt, mit Salzsäure beträufelt und mit glühenden Kohlen über“häufelt“. Und das muss natürlich auf den weißen Tasten des Klaviers geschehen, sonst klappt es nicht.

Die Arbeit an dem Buch macht mir wahnsinnig Spaß. Und die Zusammenarbeit mit meinem Mentor Franz Zauleck ist eine große Bereicherung. Ende März will ich fertig sein mit dem Buch. Die Uhr tickt also.

 

Okay, ich bin gespannt! Die nächste Frage dreht sich um Deinen Mädchenkalender. Erstmal übrigens vielen lieben Dank, dass Du unseren Lesern einen sponsorst.

Ja, gerne!

Zumal sie ja schon fast ausverkauft sind. Also Leute, ranhalten! Nun zur Frage: Hast Du ein Lieblingsmotiv?

Motiv-mäßig oder Monats-mäßig?

Wenn Du so fragst, beides.

Also mir liegt der November am Herzen, weil ich im November geboren wurde und ich finde, dass die November-Bilder bei anderen Kalender oft die ödesten, traurigsten und grauesten Motive sind. Das heisst, diesen Monat versuche ich immer aus ganz eigennützigen Gründen besonders schön zu machen. Motiv-mäßig habe ich immer Lieblingsmotive, jedes Jahr, und es ist auch immer spannend zu sehen, wer welche Bilder mag. Ich mag das Rehkitzmädchen vom März sehr. Und das Waldmädchen mit dem Fuchs und den vielen Pilzen. Und das Himbeermädchen vom Juni.

Was inspiriert Dich? Hast Du irgendwelche Vorbilder?

Es gibt eine Menge Illustratoren, die ich sehr schätze. Auch und vor allem im Kinderbuchbereich, aber natürlich nicht nur.

Mein Freund hatte zum Beispeil die schwere Aufgabe, zum dreißigsten Geburtstag seiner Freundin (also mir) einen Petterson- und Findus-Kalender zu besorgen. Es war wichtig, den RICHTIGEN Kalender mit den ECHTEN Zeichnungen von Sven Nordqvist zu finden, und nicht etwa die glattpolierten, langweiligen Adaptionen aus der Zeichentrickserie. Ich mag Sven Nordquist vor allem wegen der vielen versteckten Details in seinen Bildern, in denen man sich verlieren kann. Da werde ich zum Kind und lache mich kaputt über die Hühner, die aus Eierschalen-Kaffeetässchen trinken, oder über die Kühe auf den Gemälden an den Wänden. Der Erfindungsreichtum von Nordqvist ist sehr inspirierend.

Ansonsten schaue ich schon auch, wie andere Künstler arbeiten, wie andere Illustratoren zum Beispiel Nasen zeichnen, ob die Kinder Hälse haben oder nicht. Bei der Entwicklung der Figuren für das Ringelnatzbuch bin ich lange durch Buchhandlungen gebummelt und habe mir angesehen, was andere Zeichner so gemacht haben.

Was Motivideen angeht, schöpfe ich viel aus meiner eigenen Kindheit. Aus dem, was ich selbst gemacht habe, oder wovon ich geträumt habe. Vom Fliegen, oder davon, dass man unter Wasser atmen kann. Oder dass die Bude unterm Tisch eigentlich ein Schloss ist.

Ich überlege also, was Kinder gerne machen und was ich gerne gemacht habe. Kurz: rumgucken und erinnern.

So, das war´s. Vielen Dank für das Interview!

 

Links: 

Martina´s Internetseite

Martina´s Kalender, Postkarten und andere schöne Dinge bei dawanda

Martina´s Autorenseite beim Luxbooks Verlag

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GEWINNSPIEL:

Zu gewinnen gibt einen Mädchenkalender 2010 im Format DIN A4 von Martina Hoffmann.

Der Mädchenkalender für das kommende Jahr ist fast ausverkauft. Einige wenige Restexemplare gibt es noch bei dawanda und in Martina´s Internetshop. Alles, was Ihr für die gültige Teilnahme am Gewinnspiel tun müsst, ist die Nennung eures Lieblingsmädchenkalenderblatt´s (am liebsten mit Begründung) per Kommentar bis zum 26.12.2009 (einschließlich). Die einzelnen Kalenderblätter sind weiter unten zu sehen und können – etwas größer – auch auf der Seite von Martina angeschaut werden. Der Gewinner wird mittels eines Zufallsgenerators ausgelost und per Mail über den Gewinn benachrichtigt. Der Kalender wird dann umgehend an den glücklichen Gewinner versandt, so dass er oder sie pünktlich zum neuen Jahr eine Wand in seiner Wohnung mit Martina´s Illustrationen schmücken kann.

Viel Erfolg, frohe Weihnachten und schöne Grüße!

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